Nepal 1988

Eine 10-tägige Städtereise nach Kathmandu hatte ich mir ausgesucht. Hatte nur nicht darauf geachtet wie ich hinkomme. Nun war ich ja wirklich kein Reiseanfänger mehr … und suche mir solch einen Schwachsinn aus, München – Sharjah – Goa!!! – Kathmandu, dasselbe wieder zurück. Ich flog also völlig sinnlos den halben Indischen Kontinent rauf und runter.

Aber nun zu Kathmandu, das war das Nonplusultra, danach konnte eigentlich nichts mehr kommen. Die Bauten, diese herrlichen Tempelanlagen, und, es tut mir leid, aber ich muss es beim Namen nennen, der unvorstellbare Dreck. Zum Glück hatten wir ein gutes Hotel.

Am Ausgang des Flughaftens, empfingen uns Kinder, die alle mit Gesten das Zähneputzen andeuteten … sie wollten die Zahnbürsten, die die Fluggäste im Flugzeug bekommen hatten. Kaum jemand hatte den kleinen Beutel dabei, in dem die Wasch- und Zahnutensilien waren.

Auf unseren Ausflügen deckten wir das gesamte Umland von Kathmandu ab, auch Dakshin Kali, die große Opferstätte für die zornvolle Göttin, Kali. Zu Hause wäre ich durchgedreht, eine lange Schlange Menschen mit je einem Tier im Arm oder an der Leine wartete da auf die Hinrichtung, in diesem Fall Opferung genannt, desselben. Die bereits geopferten wurden an einer anderen Stelle von Fell bzw. Federn befreit, ausgenommen und gekocht. Ich weiß nicht warum mich, die keine Fliege erschlägt, dies unberührt ließ. Ebenso unberührt ließ es mich, als ich von einem Café aus Zeuge einer Büffel Opferung wurde. Mitten auf der Straße am helllichten Tag ging das vor aller Augen vonstatten. Danach trug man den Kopf davon, der Rumpf blieb liegen.

Ich war später noch einmal in Nepal, es fand gerade ein Fest statt bei dem 108 Büffel getötet wurden. Die ganze Stadt lag voll dieser toten Tiere. Ich lief durch wie die Einheimischen auch.

Vielleicht war es einfach das Land, das mich so in seinen Bann zog, dass ich die seltsamen Bräuche nicht mehr als seltsam betrachtete, sie hinnahm, als wäre ich ein Teil von diesem Land.

Die zehn Tage vergingen wie im Flug, einer spannender als der andere. Nun erfuhr ich im Gespräch, dass Nepal nur durch Indien getoppt würde. Nach Indien wollte ich eigentlich nicht, das stand überhaupt nicht auf meiner Liste, aber wenn es so ist, dann nichts wie hin. Was dieses Nepal übertreffen kann, das muss ich gesehen haben!

In Nepal lernte ich Safran kennen … bei uns grammweise zu erhalten und teuer. Hier gab es ihn in kleinen Plastikkästchen, mit einem roten Bändchen drumrum und einem kleinen goldenen Siegel drauf. Und spottbillig für uns, nicht für den Nepalesen …

Heiße Milch mit Honig und ein paar Safranfäden war nun der ultimative Willkommenstrunk für Gäste. Ich hätte darin baden können, aber es schmeckte nicht jedem.

So ging es mir auch mit frischem Koriander, allein der Geruch war mir ein Genuss … als mein Essen mit Koriander einer Freundin so gar nicht schmecken wollte gewöhnte ich mir an, vorher zu fragen. Kreuzkümmel ist auch so eine Sache, ich liebe ihn, andere schüttelt es.

In Nepal war ich dann nochmal zum Wandern, so wie sich mir der Himalaya in Indien stets von seiner schönsten Seite zeigte, so versteckte er sich in diesem Land grundsätzlich. Ich kenne also nur die bewaldeten Höhen …

Dafür durfte ich allerdings Kumari sehen, jenes Mädchen, das bis zu seiner Periode in einem Palast, als Göttin verehrt, lebt. Sie zeigt sich den Touristen im Innenhof einmal am Tag, fotografieren ist strengstens untersagt, Aufseher wachen darüber.

Zu dem Fest nun, an dem die 108 Büffel ihr Leben lassen mussten, kam sie heraus, wurde in einer Sänfte durch die Stadt getragen, allerdings rannten die Träger, denn die westlichen Touristen sahen nun die Gelegenheit, endlich ein Bild von ihr zu erhaschen.

Schade, so hat die Gier nach einem Bild etwas Schönes verhindert, die feierliche Prozession einer Göttin.

Warum kann der westliche Besucher nicht an sich halten, einfach sich mal, noch dazu in einem fremden Land, in dem er zu Gast ist, an eine Regel halten, auch wenn sie ihm noch so unverständlich sein mag. Den Nepalis ist die Kumari heilig, sie ist kein Fotomotiv, keine Sehenswürdigkeit, sondern ihre Göttin. Kann man hier nicht das bisschen Achtung seinem Gastgeber entgegenbringen?

Diese Ignoranz erlebte ich immer wieder mehr oder weniger drastisch. In Sri Lanka zum Beispiel nahm eine Touristin eine Blüte vom Altar eines Temepls, roch daran und legte sie wieder zurück.

So wundert es nicht, dass es Moscheen und Tempel gibt, in die Westler gar nicht erst hineingelassen werden.

Dakshin Kali