Erste Sehnsüchte

Auch ein Storch macht mal einen Fehler … vielleicht war er neu, vielleicht eine Aushilfe … wer weiß, jedenfalls brachte er mich zu Eltern, zu denen ich so überhaupt nicht passte. Irgendetwas ging schief bei der Auslieferung.

Ich war ein quirliges, neugieriges Kind, wollte ausprobieren, alles anders machen als üblich, in jedes Loch schauen, überall meine Nase reinstecken. Meine Eltern waren genau das Gegenteil.

Mein Vater brauchte nichts weiter als sein Klavier um glücklich zu sein. Meine Mutter war selig, wenn sie handarbeiten konnte und die Familie bekochen und bebacken.

Oft waren wir im Schwarzwald zum Wandern, in Freudenstadt stand ein Verkehrsschild das nach Straßburg wies … so um die 60 km kann ich mich erinnern. Voll Sehnsucht stand ich davor und bettelte, dass wir mal nach Straßburg fahren mögen. Da sah doch sicher alles ganz anders aus. Meine Eltern erfüllten mir so gut wie jeden Wunsch, diesen nicht.

Um ins Ausland zu kommen musste ich warten bis ich fast 20 Jahre alt war und ein Kollege nach Zürich zu einer Besprechung fuhr und mich und eine Kollegin mitnahm. Meine Güte war ich aufgeregt … die Desillusionierung folgte allerdings gleich bei der Ankunft … alles wie bei uns! Um eine Tafel Lindt zu kaufen war ich nicht in die Schweiz gefahren. Ich wollte doch allen etwas ganz Exotisches mitbringen. Etwas das sie noch nie gesehen hatten. Ich fand nichts dergleichen.

Wann ich dann das erste Mal in Straßburg war weiß ich nicht mehr, ich weiß nur, dass es mir die Stadt sofort angetan hatte, es gab dort in jener Zeit nämlich viel schönere Schuhe als bei uns, ein Grund, den einen oder anderen Samstag dort zu verbringen.